Mehr Bürgernähe
Volksanwalt Palla stellte während seiner gesamten Amtszeit den Bürger und die Bürgerin in den Mittelpunkt all seiner Bemühungen. So war es ein entscheidender Schritt für die Arbeit der Volksanwaltschaft, dass 2000 erstmals auch Sprechstunden in den Krankenhäusern von Brixen und Bruneck abgehalten werden konnten. Wiederum versuchte Landtagspräsident Thaler zu intervenieren. In einem Brief an den Volksanwalt forderte er Palla auf, die „Zweckmäßigkeit dieser Entscheidung zu überdenken“. Palla setzte daraufhin die Sprechstunden wieder ab. Dies löste einen Sturm der Empörung in den Medien aus und nach drei Wochen durfte Palla die Sprechstunden in den Krankenhäusern wieder aufnehmen. Auch in den Krankenhäusern in Bozen und Meran sollten solche Beratungsstunden angeboten werden. Hier konnte sich die Volksanwaltschaft aber zu Beginn nicht mit der Leitung der Krankenhäuser einigen. Der Sanitätsbereich, insbesondere Beschwerden über angebliche Behandlungsfehler, gehörten von Beginn an zu den häufigsten Klagen der Bürger. Palla fordert deshalb die Einrichtung einer Schiedsstelle in Arzthaftpflichtfragen, der zuständige Landesrat Otto Saurer (SVP) lehnte eine solche Einrichtung aber ab.
Erstmals ist 2000 auch eine dreisprachige Informations-Broschüre über die Aufgaben des Volksanwaltes erschienen. Auch diese Broschüre trug neben der regen Vortragstätigkeit zur großen Bekanntheit der Volksanwaltschaft bei. Palla regte auch an, die Volksanwaltschaft bzw. das Ombudsmann Wesen in Südtirols Lehrplänen aufzunehmen. In den Fächern Rechts- oder Bürgerkunde sollten in zwei bis vier Unterrichtsstunden die Aufgaben des Volksanwaltes erklärt werden. Seine Forderung blieb aber ungehört.
Durch die Verfassungsreform 2001 ist die Kontrolle der Gemeindebeschlüsse durch die Landesverwaltung nahezu weggefallen. Die Gemeinden mussten früher alle, ab 1998 nur noch die wichtigsten Beschlüsse von der Landesabteilung „Örtliche Körperschaften“ (umgangssprachlich: Gemeindeaufsicht) überprüfen lassen. Durch den Wegfall dieses Kontrollmechanismus ist es zwangsläufig zu einer höheren Inanspruchnahme der Dienste des Volksanwaltes gekommen. Alleine 2003 steigerte sich die Zahl der Fälle in Gemeindeangelegenheiten um 37 Prozent. Wurden 2002 nur 274 gezählt, waren es ein Jahr später bereits 739 Fälle.
Der 4. April 2004 war der letzte Arbeitstag von Werner Palla. Im Laufe seiner fast zwölfjährigen Amtszeit haben sich rund 25.000 Menschen an den Volksanwalt gewandt, exakt 8.674 Akte wurden angelegt. Über 71 Prozent dieser Fälle konnten zur Zufriedenheit des Beschwerdeführers, also des Bürgers, erledigt werden.
Bei den Klagen der Bürger dominierten auch in der Amtszeit Palla die Probleme mit der Urbanistik und dem Wohnbau. Neu hinzugekommen ist das Thema Impfpflicht, das die Volksanwaltschaft seit 1994, dem Jahr der Einführung, beschäftigte. Die Regelung, dass Kleinkinder, die keine Hepatitis-B-Impfung vorweisen können, nicht zur Pflichtschule oder zur Abschlussprüfung zugelassen werden, stieß auch beim Volksanwalt auf Unverständnis. Schlussendlich bedurfte es sogar der Intervention des Staatspräsidenten. Per Dekret (26. Jänner 1999, Nr. 355) wurde beschlossen, dass die Nichtvorlage der Impf-Bestätigung nicht die Ablehnung der Zulassung des Schülers zur Schule oder zu den Prüfungen zur Folge hat. Stark zugenommen haben in den letzten Jahren auch die Klagen wegen Lärmbelästigung, alleine zwischen 2001 und 2003 wurden 30 Sammelklagen von betroffenen Anrainern eingebracht – meist ohne Erfolg. Pallas Vorschläge und Anregungen für Gesetzesänderungen fanden bei den verantwortlichen Politikern wenig Widerhall. Von Erfolg gekrönt waren aber seine Bemühungen bei der Novellierung des Landesgesetzes über die Volksanwaltschaft, freute sich Palla in seinem Abschlussbericht 2001 – 2003.
30 Jahre Volksanwaltschaft in Südtirol
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